Nachdem mein erster Versuch einen Stift zu drechseln daneben ging, hatte ich zuerst die Lust verloren. Na ja,... wie das halt so ist, wenn man einen Misserfolg hat 😀
Aber... wie es halt auch immer so ist, man möchte es wissen und es lässt einem keine Ruhe. Man will das eben nicht auf sich sitzen lassen.
Ich werde für dieses Projekt noch einmal eine ausführliche Beschreibung mit Bildern des jeweiligen Arbeitsschrittes vorstellen. Dabei binde ich auch die Hinweise vom ersten (fehlgeschlagenen) Projekt an und stelle es in den Vordergrund...
Der Bausatz für einen Stift zum Drechseln
Ganz ohne zugekaufte Teile geht es leider nicht. Um einen Stift zu drechseln, hier liegt ja das Hauptmerkmal bei der Wahl des Holzes und der gewünschten Form, benötigt man ein paar zusätzliche Teile, um den Stift bauen zu können:
- Die Spitze
- Der Abschluss und der Clip
- Die Mine
- zwei Messinghülsen D 7 mm
- Der Abstandsring
- Der Drehmechanismus
Alle Teile gibt es im Satz zu bestellen.
Das Vorbereiten der Kantel und die Bohrung für die Messinghülsen
Die Wahl des Holzes ist Geschmacksache, aber es gibt unzählige heimische Hölzer und exotische Edelhölzer, die sich für das Drechseln eines Stiftes eignen.
Wenn man sich für die Holzart entschieden und sich die Kantel zum Drechseln besorgt hat, sägt man die Kantel in zwei Teile entsprechend der Länge der Messinghülsen. Damit die Maserung des Holzes nach dem Drechseln übereinstimmt, zeichnet man auf beide Kanteln mit einem Strich den mit der Stichsäge durchtrennten Maserverlauf an.
(!) Es ist sehr empfehlenswert wenn das Kantelstück auf jeder Seite etwa 1 mm über der Länge der Messinghülse übersteht.
Wenn nun die beiden einzelnen Kanteln gesägt sind, wird bei jeder Kantel an der Stirnseite der Mittelpunkt für die vorgesehene Bohrung durch den Schnittpunkt der Diagonalen gesucht und mit einem Filzstift der Mittelpunkt leicht angezeichnet.
Als nächstes spannt man die Kantel in ein sich selbstzentrierendes 4-Backenfutter fest ein und fixiert den Reitstock zur Überprüfung des Mittelpunktes kurz an. Wenn alles so weit korrekt gemacht wurde, setzt man mit dem Stechbeitel eine leichte Zentrierung für das Bohrloch an.
Nun schiebt man den Reitstock mit dem im Durchmesser für das Messingrohr (in diesem Fall 7 mm) entsprechenden Spiralbohrer zur Kantel und fixiert den Reitstock. Dann beginnt man langsam, aber stetig das Bohrloch zu setzen.
(!) Ich habe anstatt mit dem 7 mm Bohrer den 6,8 mm Bohrer verwendet. Bei einem weichen Holz würde da die Messinghülse straff in der Kantel sitzen.
Sind beide Kanteln mit der Bohrung versehen, kann man sie für den nächsten Arbeitsschritt verwenden.
Die Kanteln für das "Bestücken" auf das Mandrel bearbeiten
Um die Messinghülsen besser mit dem Holz verkleben zu können habe ich sie mit einem Schleifpapier angeraut. Dazu habe ich mir meinen selber gemachte Aufsteckadapter in das 4-Backenfutter gespannt, die Messinghülse aufgesteckt und mit dem Reitstock leicht fixiert.
Der nächste Vorgang wäre jetzt das Einsetzen der Messinghülsen in die Kanteln. Damit die Messinghülsen festsitzen, habe ich sie mit Sekundenkleber beträufelt und auch die Stirnseiten der Kanteln rundum der Messinghülse mit einem Tropfen Sekundenkleber versehen. Damit der Sekundenkleber schneller härtet habe ich noch ein wenig Aktivator aufgesprüht.
(!) Den Sekundenkleber ganz sparsam verwenden. Es genügen 4 bis 6 Tropfen Sekundenkleber verteilt auf die Messinghülse. Ansonsten würde der Sekundenkleber zu arg das Holz "angreifen".
Mit einer Rundfeile habe ich leichte Reste des Sekundenkleber an der Messinghülse im Inneren entfernt und dann mit einer Reibale und Schaftfräser die Stirnseite der Kantel so weit gefräst, dass die Messinghülse mit dem Holz bündig war.
(!) Hier darf man ruhig ein wenig mehr an der Stirnseite fräsen, damit auf jeden Fall die Messinghülse mit an gefräst wird und garantiert bündig sitzt (wichtig).
Das Mandrel bestücken, die Kanteln drechseln und schleifen
Jetzt kommt der Arbeitsschritt, bei dem ich mit meinem ersten Stift die erste Pleite erfahren habe. Beim Drechseln platzte mir die restliche Kantel ab. Wahrscheinlich war das mit einer der Gründe, dass ich beim vorhergehenden Arbeitsschritt zu vorsichtig mit dem Schaftfräser war und zu wenig Material abgenommen hatte, was sich beim Aufspannen rächte...
Auf das Mandrel werden nun in einer vorgegebenen Reihenfolge die Teile bestückt. Zuerst fängt man mit einem Abstandsrohr an, schiebt dann die erste Kantel auf das Mandrel, danach folgt das nächste Abstandsrohr, dann kommt die zweite Kantel auf das Mandrel (Achtung... Kennzeichnung der Maserung beachten), jetzt das dritte Abstandsrohr und am Ende die Rändelmutter.
Das Mandrel wird bestückt in das 4-Backenfutter fest gespannt und am Ende des Mandrel der Reitstock mit der mitlaufenden Zentrierspitze angesetzt und fixiert.
Mit einem kleinen Rundstahl dreht man die Rändelmutter fest zu. Hier macht es sich nun bemerkbar, wenn die Messinghülsen nicht wirklich plan mit der Stirnseite der Kantel ist. Wenn das so wäre, würde der Druck des Abstandsrohres nicht auf die Messinghülse, sondern auf die Stirnseite der Kantel erfolgen, was unter Umständen das "Platzen" oder "Aufreißen" der Kantel als Folge hätte.
Das eigentliche Drechseln in der Folge des Arbeitsschrittes ist nun in der Formgestaltung Geschmacksache. Egal ob geschwungen, dick oder dünn, geriffelt oder glatt... der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Bei dem von mir diesesmal verwendeten Holz zeigt schon im Spanabwurf eine ganz andere Konsistenz. Das Drechseln ging auch wesentlich einfacher.
(!) Vor dem Drechseln habe ich die Schubröhre geschliffen und den Grad an der Schneide belassen. Das war ebenfalls ein sehr guter Tipp bei den letzten Kommentaren.
Nachdem die gewünschte Form des Stiftes fertig gedrechselt ist, wird mit dem Schleifpapier - beginnend mit einer Körnung von etwa 180, bis hin zu einer Körnung bis etwa 800 das Holz vorsichtig bearbeitet. Von mal zu mal zeigt sich eine immer mehr glänzendere Oberfläche und die Maserung des Holzes kommt stärker zur Geltung.
Die geschliffenen Teile mit Leinöl finishen (um mal so ein neudeutsches Wort zu gebrauchen) 😀
Sobald alle beiden Teile schön glatt und fast mattglänzend geschliffen wurden, nimmt man ein Wolltuch und gibt nur ganz wenig Leinöl drauf. Bei sich drehender Drechselmaschine (langsame Drehzahl) "massiert" man das Leinöl vorsichtig und mit Gefühl in das Holz ein, wartet ein paar Minuten und wiederholt die Vorgänge mehrfach, bis kein Öl mehr aufgenommen wird.
Wenn die letzte Schicht Leinöl getrocknet ist, kann mit einem trockenen Wolltuch noch poliert werden. Jetzt stellt sich ein wahrer Glanz ein und die Maserung des Holzes wird herausragend angezeigt.
Der Zusammenbau des Stiftsatzes mit den Einzelteilen
Das Mandrel mit den polierten Holzteilen kann jetzt aus der Drechselmaschine entnommen und die Teile von dem Mandrel entfernt werden.
Hier noch mal ein Blick auf die Messinghülsen die bündig mit dem Holz sind. Das ist ebenfalls für das Pressen der Einzelteile wichtig, damit der Druck auf die Messinghülsen und nicht auf das Holz erfolgt.
Zuerst wird der Clip mit dem Abschlussstück an das Holzende des werdenden Stiftes mit der Drechselbank gepresst.
Danach kann die Spitze des Stiftes in das Vorderteil gepresst werden. Wenn das geschehen ist, nimmt man den Drehmechanismus des Stiftes und presst sie bis zur Metallmarkierung am anderen Ende des Vorderteils. In den Drehmechanismus wird nun die Kugelschreibermine geschraubt. Durch drehen des Mechanismus kommt an der Spitze die Mine zum Vorschein. Sollte sie zu wenig aus der Spitze rausschauen kann man den Drehmechanismus noch etwas weiter einpressen.
Sobald alles passt, nimmt man den Abstandsring und drückt ihn über den Drehmechanismus rüber. Dann muss nur noch das zweite Holzteil mit der Hand auf den Drehmechanismus geschoben und die Maserung der beiden Holzteile ausgerichtet werden.
Und schon ist der Stift ein Unikat der langen Zeit seine Dienste leistet. Ist die Mine leer zieht man nur das zweite Holzteil des Stiftes wieder ab, wechselt die Mine und steckt das Teil wieder auf den Mechanismus.
Der letzte Arbeitsschritt ist der Schönste... ein Bierchen, zurücklehnen und genießen 🙂
Wenn nach einem misslungenen Start der zweite Versuch dann doch reibungslos und zufriedenstellend funktioniert, ist das der schönste Moment.
Zudem finde ich es absolut bewundernswert, wie aus einem Stück unbehandelten Vierkant Holz mit jedem Schritt die wahre Schönheit des Holzes, die Maserung und die immer mehr glänzende Oberfläche herausragt.
Ich finde, kein anderes Material ist so wandlungsfähig wie Holz.
Es ist schon erstaunlich, was für schöne Sachen man mit viel Geschick und Geduld aus einem rohen Holzklotz machen kann
Mega, vielen Dank für das super tolle Projekt @gschafft. Ich bin echt beeindruckt, wie gut dir der Stift gelungen ist.
Das sind auch ganz super tolle Geschenke
Ein gelungenes Projekt nebst gute Beschreibung. Ein kleiner Hinweis würde ich anbieten wollen. Deine Ausgangsrohlinge waren zu Beginn zu groß und du musstest daher auch mehr Material abtragen, als nötig gewesen wäre.
Als "Finish" für Schreibgeräte ist Leinöl bzw. Leinölfirnis nicht wirklich die optimale Wahl. Versuche es das nächste Mal stattdessen mit Cyanacrylat.
@janinez Klicke auf das Wort "Link". Bei mir funktioniert es einwandfrei.
jetzt geht es bei mir auch, warum es vorher nicht ging - keine Ahnung
@gschafft Super gemacht! 👍👍👍
@alle Ich habe jetzt Linkfarbe deutlicher definiert, dass die Links sich besser von den anderen Texten abheben.
@dim super, danke
@George1959 , wie ich sehe, hat es jetzt ja geklappt mit dem Avatar